In den letzten Monaten stand ich oft vor einer zentralen Frage: Sollen wir dem Trend der Agenturen zu standardisierten, wertbasierten Angebotsmodellen folgen – oder weiterhin ganz kundenindividuell mit Kontingenten auf Stundensatzbasis arbeiten? Der Reiz der Standardisierung ist durchaus sehr verlockend: Sie verspricht mehr Effizienz in unseren internen Abläufen, skalierbare Prozesse und höhere Kundendurchlaufzahlen. Doch jedes Mal, wenn ich versuchte eine passende Angebotsstruktur zu entwickeln, stand ich vor dem gleichen Dilemma: Baukastenmodelle – egal, wie ich sie auch strukturierte – passen oft nicht zu den individuellen Herausforderungen von Unternehmen mit erklärungsbedürftigen und technisch anspruchsvollen Produkten.
Der Wert meiner Arbeit – etwa durch die Einführung neuer Strukturen oder die Integration nutzerzentrierter Ansätze ins Marketing – entfaltet sich zudem meist erst nach einer gewissen Zeit. Der Erfolg ist dann kaum unmittelbar messbar, sondern zeigt sich langfristig und oft subtil: in einer stimmigen Kundenausrichtung, die dem Vertrieb die Arbeit erleichtert, einem harmonischen Marken-Gesamtbild, das Neukunden emotional und verständlich anspricht und vor allem in der nachhaltig gewachsenen Zufriedenheit Meiner Kunden und ihrer Kunden bzw. Stakeholder.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Hersteller aus der Umwelttechnik versuchte es zunächst nach einem generischen Marketingansatz, der jedoch an den Bedürfnissen seiner speziellen Zielgruppe vorbeiging. „Marketing bringt doch eh nichts, …und den Katalog macht unser Grafiker“ ist eine sehr, sehr oft geäußerte Überzeugung, die ich nach solchen Erfahrungen höre. Erst durch eine tief gehende Analyse und maßgeschneiderte Strategie fanden wir einen Weg, der nicht nur die Kommunikation veränderte, sondern das Unternehmen näher zu seinen tatsächlichen Kunden brachte. In einem anderen Fall stellte sich heraus, dass die größte Herausforderung des Unternehmens nicht, wie oberflächlich suggerieret, in der Produktpräsentation lag, sondern in der Darstellung der Systemintegration. Dies verdeutlicht, wie wichtig strategische Flexibilität und ein tiefes Verständnis der spezifischen Geschäftsprozesse sind – und dass es manchmal völlig neue Ansätze braucht, die erst im Laufe der Zusammenarbeit sichtbar werden.
Diese Art der langfristig angelegten und sehr individuellen Zusammenarbeit ist mit einem bewussten Engagement verbunden: Sie erfordert einen engen Austausch, die Bereitschaft, eigene Ergebnisse und Ansätze kontinuierlich wieder in Frage zu stellen und zu optimieren, und ein tiefes Verständnis für die Ziele und Werte der Kunden. Das gerade schätze ich an meiner Arbeit und das macht sie auch so unglaublich spannend. Das bedeutet für mich aber eben auch, dass ich nicht Hunderte Unternehmen betreuen kann – sondern nur eine kleine, ausgewählte Anzahl. Doch dafür gehe ich diesen Weg mit echtem Interesse und persönlicher Bindung.
Für mich liegt der Kern des nachhaltigen Erfolgs darin, dass diese Verbindungen über Jahre bestehen und sich meine Arbeit nahtlos in die Unternehmensidentität einfügt. Ich habe heute noch Kunden, die auf Materialien zurückgreifen, die ich vor fast zwei Jahrzehnten für sie entwickelt habe, weil sie den Kern ihres Unternehmens bis heute treffend widerspiegeln. Das zeigt mir, dass es sich lohnt, an dieser individuellen Herangehensweise festzuhalten – und dass eine skalierbare Standardisierung, bei der ich einen Kunden nach dem anderen durchschleuse nicht mein Ziel ist.
Meine Entscheidung ist daher klar: Effizienz hat ihren Wert, doch gerade für technisch anspruchsvolle B2B-Produkte führt für mich kein Weg an einer individuellen, flexiblen Beratung vorbei. Der zusätzliche Aufwand zahlt sich durch eine präzisere Marktpositionierung, authentischere Kundenansprache und nachhaltige Geschäftserfolge aus. Die Entscheidung gegen standardisierte Lösungen ist in meinen Augen keine Einschränkung, sondern der einzige Weg, um echten Mehrwert für meine Kunden zu schaffen.
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Autorin: Iris Hauser, Founder & CEO 31-7